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Oktober oder: Die Magie der Hirsche

Hirsch aus Unikat 1 - Renate von Charlottenburg

Der Oktober beginnt, dieser wunderbare Monat der Reife. Apfelernte, Birnenernte, Pflaumenernte – und Weinlese. Es soll ein gutes Weinjahr werden…

Zwerg liest Wein 2 - Renate von Charlottenburg

Und in all dieser Fülle steht der Hirsch, ein Rothirsch, der König des Waldes.
Er ist eine außerordentlich majestätische Erscheinung und scheint mit seinem Geweih das Dickicht des Waldes zu überragen, welches symbolisch die vitale Ebene mit all ihren Verstrickungen und Anhaftungen darstellt.


Sein Geweih ragt förmlich in den Himmel, und so besitzt der Hirsch als solares (der Sonne zugehöriges) Tier die Macht, Licht ins Dunkel unserer Empfindungen zu bringen und darüber hinaus die Magie, uns auf andere Ebenen, in höhere vitale und geistige Gefilde zu führen.

Zeichnung Oktober mit Hirsch

Oktober
Handsignierter Kunstdruck mit kleiner Originalzeichnung, Unikat, 42 x 59,4 cm

Der Hirsch gilt auch als Feind der Schlangen, die er mit seinen Hufen zertritt.
Die christliche Ikonographie (Bilderlehre) hat diese Vorstellung gerne angenommen und deutet sie als Sieg des Guten über das Böse.

Seit altersher zeugen zahlreiche spirituelle Erlebnisse mit Hirschen von seiner Kraft.
Die keltische Mythologie kennt Cernunnos, den Gott mit dem Hirschgeweih, als Beschützer des Waldes und der Wildtiere.
Auch ist er Führer in die Anderwelt und – zum Glück – wieder hinaus.

Fruehling Cernunos 10 2023 - Renate von Charlottenburg

Vor allem dem weißen Hirschen wird eine besondere Magie nachgesagt. Laut altem keltischen Glauben sollen Feen auf ihm reiten und ebenfalls den Weg in die Anderwelt weisen.
Bei Harry Potter ist ein weißer Hirsch der ‚Patronus‘, der dem in äußerste Bedrängnis geratenen kleinen Zauberer zu Hilfe eilt und die schwarzen, todbringenden Dementoren (die Seelenfresser) verscheucht.

Dem heiligen Hubertus von Lüttich, der ein zügelloser Jäger war, erschien während der Jagd ein Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz im Geweih und bekehrte ihn zu einem Bewahrer und Beschützer der Wildtiere, die er fortan als Geschöpfe Gottes ansah.
Wir kennen seitdem den sogenannten ‘Hubertushirsch’.

Artemis, die jungfräuliche griechische Göttin der Jagd, der Natur und der Wildnis (bei den Römern später Diana genannt), wird meistens von einem heiligen Hirschen begleitet.
Das könnte als Symbol für den Dualismus Sonne – Mond gesehen werden, da der Zwillingsbruder der Artemis, Apollon, mit der Sonne, und sie selbst, als Selene, mit dem Mond gleichgesetzt wird.
Auf meiner Zeichnung zum Monat Oktober kann man als Entsprechung für diese Gegensätze eine Königin mit einem Wasserkrug und einen König mit einer Feuerfackel sehen.

Aber selbst auf der normalen, physischen Ebene ist der Hirsch ein ganz besonderes Tier.
Sein Geweih wird jährlich erneuert, und sei es noch so prachtvoll!
Nach der Paarungszeit und dem Winter, im Februar (im ‚Hornung‘), wirft der Hirsch es ab, und im nächsten Sommer ist es wieder zu voller Größe nachgewachsen.
So versinnbildlicht der Hirsch Auferstehung und Erneuerung.

Herbst Hirsch 10 2023 - Renate von Charlottenburg

Mir ist in meiner Kindheit einmal an einem schönen Sommertag beim Beerenpflücken ein ausgewachsener Hirsch im Wald begegnet. Plötzlich trat er aus dem Dickicht auf den Waldweg und schaute mich an. Dann sprang er wieder zwischen die Bäume.
Das war wirklich ein magischer Moment!

Und jetzt wohne ich schon lange in Berlin, der Stadt, in der im frühen 19. Jahrhundert Fürst Pückler in einer von vier oder sechs weißen Hirschen gezogenen Kutsche durch die Straßen fuhr, um im Café Kranzler, das sich damals auf der Prachtstaße ‘Unter den Linden’ befand, einzukehren.
Er verstand es wahrlich, die magische mit der materiellen Welt zu verbinden!

Das versuche ich auch, so gut es geht, mit meinen Zeichnungen.

Hirsch aus Unikat 2 - Renate von Charlottenburg

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