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Wenn ich einen Wunsch frei hätte…

Fee versprueht Sterne - Renate von Charlottenburg

Wenn ich einen Wunsch frei hätte im Leben, würde ich mir wünschen, lieben zu können – und zwar im umfassendsten Sinne des Wortes; also nicht nur das lieben, was schön und sowieso liebenswert ist oder mir Befriedigung verspricht, sondern alles lieben, wirklich alles.

Es müsste auch egal sein, ob meine Liebe erwidert wird. Ich liebe, das ist es. Ich liebe, im Sinne von Einswerden.

Hochzeit auf drei Ebenen - Renate von Charlottenburg

Hochzeit auf allen Ebenen
Original, Bleistift-Tusche-Zeichnung (14,5 x 21 cm)

Es ist ein anderer Bewusstseinszustand, in den ich dann gerate, das ist gewiss; aber das ist mein Wunsch -, wenn ich überhaupt einen frei hätte.
Vielleicht hört mich ja eine gute Fee…

Wenn dieser Bewusstseinszustand über mich käme, hieße das übrigens nicht, dass ich selig grinsend jede oder jeden küssen oder mein Geld wahllos verschenken würde.
Die Liebe, die ich meine, ist nicht dämlich.
Eine sehr tiefe erotische Liebe – ich mag das Wort ‚Beziehung‘ nicht, es ist zu lasch –, die das Körperliche transzendiert und bis in den innersten Punkt der Seele vordringt, kommt der Liebe, die ich meine, schon sehr nahe; allerdings erreicht sie niemals deren Größe und Weite, da sie selektiv ist und eine Auswahl trifft, mit wem sie sich vereinigt.
Manchmal rutscht sie auch von den höchsten Höhen ihrer Erfahrung ab, kann den intensiven und erhabenen Bewusstseinszustand nicht halten und verrennt sich emotional in ein bestimmtes angebliches Liebes-Objekt.

Liebespaar - Renate von Charlottenburg

Dazu fällt mir eine Geschichte aus der Antike ein:
Der Gott Apoll war der schönste und begehrenswerteste Mann, den man sich vorstellen konnte, aber er hatte kein Glück in der Liebe.
Einmal verliebte er sich in eine Nymphe, die schöne Daphne.
Amor (griech. Eros), der skrupellose kindliche Gott, der dauernd mit Pfeil und Bogen unterwegs war, um Verwirrung in den Gefühlen der Menschen (und Götter) zu stiften, indem er seine Liebespfeile, die eine vergoldete Spitze hatten, in ihre Herzen schoss, bedachte Apoll mit einem dieser gefährlichen Pfeile, gerade als dieser der Daphne ansichtig wurde. Auf der Stelle entbrannte er in glühender Liebe und näherte sich der Nymphe voll Verlangen.
Doch zugleich hatte Amor einen Pfeil mit einer Bleispitze in Daphnes Herz geschossen, der sie völlig unempfindlich gegenüber Apolls Zuneigung machte.
Das war gemein!
Der arme Apoll versuchte verzweifelt, auf Gegenliebe zu stoßen, aber Daphne war unfähig, irgendetwas für ihn zu empfinden.
Es war Leid für beide: Apoll sah seine Liebe unerwidert, und Daphne sah sich verfolgt. Sie konnte der Zudringlichkeit des Gottes nicht entfliehen, bis sie endlich
zu ihrer Rettung in einen Lorbeerbaum verwandelt wurde und Apoll sein Werben aufgeben musste.
Als Gott der Musik bekränzte er wehmütig sein Musikinstrument, die Leier, mit Lorbeer und bestimmte, dass zukünftig ein Lorbeerkranz das Haupt eines jeden Sängers zieren sollte.
So eine traurige Geschichte!

Liebe 3 - Renate von Charlottenburg

Die Liebe, die ich mir wünsche, ist auf jeden Fall anders -, größer und frei von solchen Verstrickungen.
Sie sollte selbst die geistige und emotionale Intensität einer platonischen Liebe übersteigen und viel, viel weiter sein.

Unendlich.

RvC


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