Jetzt habe ich alle neun olympischen Musen, die Schutzgöttinnen der Künste, auf Bildern festgehalten.
Ich habe sie somit manifestiert und sie strahlen ihre Kräfte aus.

Die neun olympischen Musen
Als letzte kamen Melpomene, die Muse der Tragödie, und Thalia, Muse der Komödie, an die Reihe. Sie tragen eine weinende, bzw. eine lachende Theatermaske mit sich.
Das Theater spiegelt ja unser von Weinen und Lachen geprägtes Leben wider.

Zuerst habe ich mich mit der Darstellung dieses Gegensatzes etwas schwer getan. Ein trauriges und ein lustiges Bild zu zeichnen, hat mich nicht gereizt.
Kein Leben ist ein reines Drama, und eine Tragödie ruft immer nach einem Ausweg aus dem Dilemma.
Kein Leben besteht nur aus Fröhlichkeit und schierem Glück.
Allerdings war es mir zu platt, das Glück zwangsweise mit einem Verhängnis zu belegen. Dann könnte man ja nicht unbeschwert heiter sein, sondern fühlte immer die Bedrohung eines nahenden Unheils.
Dieses Hin- und Hergeschaukel zwischen Glück und Unglück müsste sowieso irgendwann einmal überwunden werden. Am besten, indem man einen Bewusstseinszustand erreicht, der es einem ermöglicht, alles, wirklich alles, was einem widerfährt, anzunehmen, da man seinen Sinn erkennt oder ihn zumindest ahnt. Aber bis zu dieser Gelassenheit ist es noch ein weiter Weg.

Melpomene, die Muse der Tragödie
Nun denn, als Motiv für die Tragödie habe ich das traurigste Bild von Caspar David Friedrich gewählt: Der Mönch am Meer. Allein, ohne Hoffnung, steht er vor der Unendlichkeit des Wassers und der Unendlichkeit des weiten Himmels.
Und beide Unendlichkeiten schweigen. Er bekommt keinen Trost, ist völlig auf sich gestellt. Wie traurig! Der Mensch kann einem wahrhaftig leid tun.

Aber: Hoffnung naht! Da ich ja in diesem Fall die Schöpferin des Bildes bin, liegt es in meiner Macht, den armen Mann aus dieser Ausweglosigkeit zu erlösen: Gott- Vater selbst mit seinen himmlischen Heerscharen (in Anlehnung an die Darstellung von Michelangelo aus der Sixtinischen Kapelle in Rom) kommt, den armen Mönch zu erretten. Und dieser Gott-Vater entspricht vermutlich genau seiner Vorstellung davon, wie ein höheres Wesen auszusehen hat. Welche Freude für den Verzweifelten!
Manchmal wird man eben erhört in seinem Elend. Leider nicht immer, aber die Möglichkeit besteht.
Die Alten Griechen hatten diesem Aspekt in ihren Tragödien Rechnung getragen. Immer, wenn das Drama völlig ausweglos war, erschien, mit Hilfe einer
Hebemaschine, ein erlösendes göttliches Wesen aus den Kulissen, der ‚Deus ex machina‘, der ‚Gott aus der Maschine‘, und rettete die Situation. Völlig unlogisch, vom Handlungsablauf her nicht vorhersehbar, brachte er die Wende und eine unerwartete Lösung des Problems.
Im normalen Leben würden wir das ein Wunder nennen.

Thalia, die Muse der Komödie
So -, die Muse der Tragödie hatte mich tatsächlich inspiriert. Daraufhin widmete ich mich Thalia, der Muse der Komödie. Wie schon gesagt, wollte ich das Glück nicht so dahinplätschern lassen, es aber auch nicht durch ein Unglück stören oder zunichte machen.
Thalia inspirierte mich zur Darstellung eines bescheidenen Glückes, dargestellt durch das von zarten Feen umtanzte Veilchen. Diesem beschaulichen Idyll nähert sich die absolute Überfülle in Gestalt der Glücksgöttin Fortuna, welche aus ihrem nie versiegenden Füllhorn Rosen regnen lässt, die Königin der Blumen.
Und obendrein lässt sie das Zufallspendel des Glückes in die richtige Richtung ausschlagen, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen und das Empfinden, vom Schicksal liebevoll bedacht zu sein, noch zu steigern.
Mehr geht nicht!
Viel Glück, so oder so, wünscht Euch

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